Bild: Steine

Erfahrung schafft Vertrauen

Worauf sollten Arbeitgeber bei künftigen Urlaubsansprüchen achten?

Wir stellen Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung in dem Bereich des Urlaubsrechts dar, damit Sie zum Ende des Jahres auf die kommenden Urlaubsphasen richtig vorbereitet sind.

Ihr Ansprechpartner

Rechtsanwältin Agnes Lisowski
Rechtsanwältin Agnes Lisowski
0251 - 48204-17
a.lisowski@bpg-muenster.de

Selbst die schönste Zeit des Jahres, der Urlaub, sorgt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelegentlich für Unmut. Um diesem entgegen wirken zu können, lohnt es sich seine Rechte zu kennen. Wir möchten Ihnen daher einen Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung in dem Bereich des Urlaubsrechts geben.

1. Urlaubsantrag

Die Formulierung in § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) „Der Urlaub muss … gewährt … werden.“ steht auf dem Prüfstand. Einige Instanzgerichte  haben sich in den letzten Jahren gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach die Inanspruchnahme des Urlaubs einen Antrag des Arbeitnehmers voraussetzt, gewandt. Sie erkannten in der zuvor zitierten Formulierung eine arbeitgeberseitige Pflicht, von sich aus den Arbeitnehmern den Urlaub anzubieten und ihre Urlaubsansprüche zu erfüllen. Das BAG sah sich dadurch veranlasst, die Frage nach den Arbeitgeberpflichten bei der Inanspruchnahme von Urlaub dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)  zur umfänglichen Prüfung vorzulegen (Az.: C-619/16). Angesichts der arbeitnehmerfreundlichen Tendenz in Bezug auf Urlaubsansprüche könnte das Antragserfordernis künftig entfallen.

2. Änderung der Anzahl der Wochenarbeitstage im laufenden Urlaubsjahr bedingt grds. eine Verringerung bzw. Erhöhung der Anzahl der Urlaubstage

Gem. § 3 BUrlG steht jedem Arbeitnehmer bei einer 6 Tage-Arbeitswoche ein gesetzlicher Mindesturlaub von 24 Urlaubstage zu. Haben die Arbeitnehmer eine kürzere oder längere Arbeitswoche, verkürzt bzw. erhöht sich deren gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch entsprechend. Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich die Anzahl der Wochenarbeitstage im laufenden Urlaubsjahr ändert, es sei denn, der Arbeitnehmer hat seinen gesamten Urlaub bereits genommen. In einem solchen Fall bleiben die erworbenen Urlaubsansprüche erhalten. Für die Bestimmung der Anzahl der noch nicht genommenen Urlaubstage hat das BAG in seinem Urteil vom 14. März 2017 (Az.: 9 AZR 7/16) folgende Berechnungsgrundlage angewendet: „Die Anzahl der zum Zeitpunkt des Wechsels noch nicht genommenen Urlaubstage wird mit dem Quotienten multipliziert, der sich aus der Anzahl der Wochenarbeitstage unter dem neuen Arbeitszeitregime (Divident) und der Anzahl der Wochenarbeitstage unter dem alten Arbeitszeitregime (Divisor) ergibt.“

3. Urlaubsabgeltung

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ganz oder teilweise den ihm zustehenden Urlaub nicht gewährt, so steht dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch gegen seinen Arbeitgeber zu. Der Schadensersatzanspruch richtet sich jedoch auf die Gewährung eines Ersatzurlaubs und nicht auf die Abgeltung des nicht gewährten Urlaubs. Ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs besteht nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit dem Eintritt in die Passivphase der Altersteilzeit ist das Arbeitsverhältnis jedoch noch nicht beendet (BAG, Urteil vom 16. Mai 2017, Az.: 9 AZR 572/16). Es endet erst mit dem Eintritt in den Ruhestand. Die zuvor erwähnte Entscheidung des BAG setzt die Rechtsprechung des EuGH fort. In seinem Urteil vom 20. Juli 2016, Az.: C-341/15 hatte der EuGH entschieden, dass ein in der Freistellungsphase vor der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht genommener Urlaub grundsätzlich keine spätere Urlaubsabgeltung rechtfertigt. Anspruch auf Urlaubsabgeltung kann laut dem EuGH jedoch entstehen, wenn der freigestellte Arbeitnehmer den Urlaub wegen Krankheit in der Freistellungsphase nicht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen konnte.

4. Urlaubsansprüche in der Mutterschutzfrist und Elternzeit

Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanaspruch seines Arbeitnehmers gem. § 362 Abs. 1 BGB lediglich dann erfüllen, wenn der Arbeitnehmer in dem urlaubsbedingten Freistellungs-zeitraum ansonsten zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre. Werdende Mütter, die einem Beschäftigungsverbotes nach § 4 MuSchG unterliegen, sind nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Ihnen kann in dieser Zeit kein Urlaub mit erfüllender Wirkung des § 362 Abs. 1 BGB gewährt werden, selbst wenn der Urlaubszeitraum bereits vor Eintritt des Beschäftigungsverbotes festgelegt war (BAG, Urteil vom 9. August 2016, Az.: 9 AZR 575/15).

Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder wird es im Anschluss an die Elternzeit beendet, so hat der Arbeitgeber gem. § 17 Abs. 3 BEEG den noch nicht gewährten Urlaub dem Arbeitnehmer, der die Elternzeit in Anspruch genommen hat, abzugelten. Eine Kürzung des in der Elternzeit entstehenden Urlaubsanspruchs ist gem. § 17 Abs. 1 BEEG möglich. Sie ist jedoch nur zulässig, solange das Arbeitsverhältnis andauert (BAG, Urteil vom 19. Mai 2015, Az.: 9 AZR 725/13). Macht der Arbeitgeber von seinem Recht nach § 17 Abs. 1 BEEG zu spät Gebrauch, muss er die in der Elternzeit erworbenen Urlaubsansprüche mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelten.

5. Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen

Das BAG hat seine ablehnende Haltung gegenüber der Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen aufgrund des Urteil des EuGH vom 12. Juni 2014, Az.: C-118-13, wonach die Urlaubsansprüche nach dem europäischen Urlaubsrecht mit dem Tod des Arbeitnehmers nicht gänzlich untergehen, sondern sich in einen Urlaubsabgeltungsanspruch wandeln, zum Teil aufgegeben. In seiner Entscheidung vom 22. September 2015, Az.: 9 AZR 170/14 bestätigt das BAG, dass bereits entstandene Urlaubsabgeltungsansprüche vererbbar sind. Die Frage, ob noch nicht entstandene, weil nicht beantragte Urlaubsansprüche, bei einem durch den Tod des Arbeitnehmers beendeten Arbeitsverhältnis in Form eines finanziellen Ausgleichs vererbbar sind, hat das BAG jedoch nicht entschieden. Es hat stattdessen die Vereinbarkeit des durch nationales Recht bedingten Ausschlusses der Vererbbarkeit von noch nicht entstandenen Urlaubsansprüchen mit den europäischen Richtlinien dem EuGH im Jahr 2016 zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es wird erwartet, dass der arbeitnehmerfreundliche EuGH die Vererbbarkeit auch in diesen Fällen bestätigt.

Ihr Ansprechpartner

Rechtsanwältin Agnes Lisowski
Rechtsanwältin Agnes Lisowski
0251 - 48204-17
a.lisowski@bpg-muenster.de

sekretariat@bpg-muenster.de 004925148204-0 Nevinghoff 30
Münster
Nordrhein-Westfalen
48147
Deutschland