Vorsicht! Kündigungsschutz schwerbehinderter Arbeitnehmer ist zum 30.12.2016 verschärft worden.
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwältin Agnes Lisowski
0251 - 48204-17
a.lisowski@bpg-muenster.de
In den letzten Zügen des Gesetzgebungsverfahrens zum Bundesteilhabegesetz ist durch den Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales in seiner Sitzung am 30. November 2016 der Satz 3 in den § 95 Abs. 2 SGB IX n.F. eingeführt worden. Dieser regelt, dass eine ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Bislang hatte die fehlende Anhörung keine Auswirkung auf die Kündigung selbst. Trotz seiner späten Einführung in das Bundesteilhabegesetz, ist diese neue Vorschrift bereits seit dem 30.12.2016 in Kraft. Sie ist somit aktuelles Recht und muss von den Arbeitgebern bei künftigen Kündigungen schwerbehinderter Menschen beachtet werden.
Im Einzelnen sind nunmehr folgende Grundsätze bei der Kündigung von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu beachten:
- Die Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer ist unwirksam, wenn sie ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt.
- Die Schwerbehindertenvertretung ist bei jeder Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer zu beteiligen, und zwar auch dann, wenn diese nach § 90 SGB IX nicht der Zustimmung des Integrationsamtes bedarf, wie dies innerhalb der ersten 6 Monate des Beschäftigungsverhältnisses der Fall ist.
- Eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung ist nicht erforderlich, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Kenntnis der Schwerbehinderung fehlt und der Arbeitnehmer die Schwerbehinderung nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber mitgeteilt hat.
- In entsprechender Anwendung der Rechtsprechung zum widersprüchlichen Verhalten ist es dem schwerbehinderten Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren verwehrt, sich auf seine Schwerbehinderung zu berufen, wenn er auf die entsprechende Frage seines Arbeitgebers wahrheitswidrig seine Schwerbehinderung zuvor verneint hat. Die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers ist jedoch erst nach sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses zulässig.
- Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung über die bevorstehende Kündigung zu unterrichten und dieser Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Anhörung muss im Regelfall den Anforderungen einer Anhörung des Betriebsrates bzw. der Mitarbeitervertretung entsprechen. Dies gilt auch für die entsprechenden Fristen.
- Das Anhörungsverfahren nach § 95 Abs. 2 SGB IX ist vor Einreichen des Zustimmungsantrags nach den §§ 85 ff. SGB IX durchzuführen. Wird der Antrag ohne erfolgte Anhörung gestellt, hat das Integrationsamt ihn zurückzuweisen.
- Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat bzw. die Mitarbeitervertretung und die Schwerbehindertenvertretung in beliebiger Reihenfolge zeitgleich oder nacheinander anhören. Der Betriebsrat/Die Mitarbeitervertretung hat keinen Anspruch darauf, dass zum Zeitpunkt seiner/ihrer Anhörung bereits eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vorliegt.
- Nach erfolgter Anhörung der Schwerbehindertenvertretung hat der Arbeitgeber dieser seine Entscheidung ggf. vorbehaltlich einer Zustimmung des Integrationsamtes und einer Beteiligung des Betriebsrates/der Mitarbeitervertretung mitzuteilen.
- Ein Aufhebungsvertrag ist keine Kündigung. Der Arbeitgeber muss die Schwerbehindertenvertretung daher nicht gem. § 95 Abs. 2 SGB IX anhören, wenn er mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schließt.
Fazit:
Bei einer von Ihnen geplanten Kündigung stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite.
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Rechtsanwältin Agnes Lisowski
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