Verfall von Urlaubsansprüchen - Was der Arbeitgeber künftig beachten muss?
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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat aufgrund der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. November 2018 (EuGH Urteil vom 17.11.2016 Az.: C-216/15) in seinem Urteil vom 19. Februar 2019, Az.: 9 AZR 541/15, seine Rechtsprechung zum Urlaubsrecht weiterentwickelt und entschieden, dass der Arbeitgeber gehalten ist, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun.“ Der Grundsatz der Transparenz erfordert, dass der Arbeitgeber rechtzeitig dem Arbeitnehmer mitteilt, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums (bis zum 31.03 gem. § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, bis zum 30.04 gem. § 1 Abs. 5 Satz 2 Anlage 14 zu den AVR) verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.
Urteil
Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses verlangte der vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 beim Beklagten beschäftigte Kläger die Abgeltung von insgesamt 51 Urlaubstagen aus den Jahren 2012 und 2013. Die Anzahl der nicht genommenen Urlaubstage war zwischen den Parteien unstreitig. Einen Antrag auf Urlaubsgewährung hat der Kläger während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.
Die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht. Sie waren der Auffassung, dass der originäre Urlaubsanspruch des Klägers mit Ablauf des Kalenderjahres am 31. Dezember 2013 gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 BurlG verfallen sei, dem Kläger jedoch ein Schadensersatzanspruch in Form eines Ersatzurlaubes nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 BGB i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB zustehe, der sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in einen Abgeltungsanspruch umwandelt habe. Der Ersatzurlaubsanspruch entsteht, wenn es dem Arbeitgeber unabhängig des Grundes, folglich auch aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unmöglich sei, den Urlaubsanspruch zu erfüllen. Etwas Anderes könne nur gelten, wenn der Arbeitgeber die nicht rechtzeitige Urlaubsgewährung nicht zu vertreten habe. Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass der Beklagte das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nicht zu vertreten hätte, seien nach Ansicht der Vorinstanzen vom Beklagten weder vorgetragen noch ersichtlich gewesen. Die Tatsache, dass der Kläger keinen Urlaubsantrag während des Beschäftigungsverhältnisses gestellt habe, entlaste den Beklagten nicht. Der Beklagte hätte von sich aus den Kläger im Umfang seiner Urlaubstage von der Arbeit freistellen müssen.
Das BAG verneint eine solche zwingende Freistellung des Arbeitnehmers. Es ist der Auffassung, dass der Urlaub grundsätzlich verfallen könne und somit auch kein Anspruch auf Ersatzurlaub entstehe, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch in Kenntnis gesetzt und ihn unter Hinweis auf die Möglichkeit des Urlaubsverfalls rechtzeitig aufgefordert habe, seinen Resturlaub zu nehmen.
Praxistipp
Zur Vermeidung von Ersatzurlaubsansprüchen sollten die Arbeitgeber zukünftig in der zweiten Jahreshälfte ihre Arbeitnehmer über den von ihnen noch nicht genommenen Urlaub informieren und sie unter Hinweis auf die Möglichkeit des Urlaubsverfalls auffordern, ihren Resturlaub zu nehmen. Zu Nachweiszwecken empfiehlt es sich, die entsprechenden Informationen und Hinweise mindestens in Textform zu erteilen. Entsprechende Informations- und Hinweisschreiben können zur Personalakte genommen werden.
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