Vereinbarkeit der Aufstockung von Kurzarbeitergeld mit dem Gemeinnützigkeitsrecht
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Rechtsanwältin Simone Scheffer
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Auch Einrichtungsträger aus dem Gesundheitswesen und der Sozialwirtschaft, die infolge der Corona-Pandemie ihre Leistungen einstellen oder reduzieren müssen, ordnen Kurzarbeit an. Grundsätzlich gilt, dass für eine vorübergehende Verminderung des Arbeitsanfalls Arbeitnehmer in die Kurzarbeit geschickt werden können. Sie erhalten bei Kurzarbeit ''null'' einen Ausgleich in Höhe von 60 % des letzten Nettoverdienstes. Der Ausgleich erhöht sich auf 67 %, soweit ein Kind im Haushalt lebt. Der Arbeitgeber bekommt die ausgezahlten Beträge auf Antrag von der Bundesanstalt für Arbeit erstattet. Viele gewerbliche Arbeitgeber stocken das Kurzarbeitergeld auf.
Fraglich ist, ob auch gemeinnützige Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstocken dürfen. Denn für sie gilt das gemeinnützigkeitsrechtliche Mittelverwendungsgebot gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO, wonach gemeinnützige Körperschaften ihre Mittel für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke einzusetzen haben und keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen darf. Das Bundesfinanzministerium hat zu dieser Frage mit Schreiben vom 9. April 2020 (IV C 4 – S- 2223/19/10003 :003) ausdrücklich Stellung genommen:
‘‘Stocken gemeinnützige Körperschaften ihren eigenen Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von insgesamt 80 % des bisherigen Nettoentgelts auf, werden weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke noch die Marktüblichkeit und die Angemessenheit der Aufstockung geprüft. Voraussetzung ist jedoch, dass die Aufstockung einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt. Dadurch gelten die Regelungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO als erfüllt, d. h. es liegt damit kein Verstoß gegen die Gebote der Mittelbindung und der Selbstlosigkeit vor.‘‘
Das BMF stellt im Hinblick auf die Mittelverwendung klar, dass kein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit bzw. gegen das Begünstigungsverbot vorliegt, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft für ausnahmslos alle Beschäftigte, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld auf max. 80 % des bisherigen Entgelts aufstockt. Unter diesen Voraussetzungen soll auf eine Überprüfung der Angemessenheit dieser Maßnahme verzichtet werden. Mit Schreiben vom 26. Mai 2020 (IV C 4 – S 0174/19/10002 :008) ergänzte das BMF sein ursprüngliches Schreiben vom 9. April 2020. Danach gilt als bisheriges Entgelt das in den drei Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich ausgezahlte Nettomonatsgehalt.
Eine Aufstockung auf über 80 % des bisherigen Entgelts soll ebenfalls unschädlich sein, wenn die Aufstockung marktüblich und angemessen ist. Die Finanzverwaltung prüft die Marktüblichkeit und Angemessenheit, so dass diese durch entsprechende Belege nachzuweisen sind. Sehen kollektivrechtliche Vereinbarungen des Arbeitsrechts wie z. B. Tarifverträge eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vor, reicht für den Nachweis der Marktüblichkeit und Angemessenheit die Vorlage dieser Vereinbarung aus. Übernehmen kollektivrechtlich nicht gebundene Unternehmen in individuellen Verträgen mit allen Mitarbeitern einheitlich die kollektivrechtlichen Vereinbarungen der Branche zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, dient der Mustervertrag dem Nachweis der Marktüblichkeit und Angemessenheit.
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn die Ehrenamts- oder Überleiterpauschalen weiter geleistet werden, obwohl eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise zumindest zeitweise nicht mehr möglich ist.
Die Regelungen gelten für Handlungen, die in dem Zeitraum vom 1. März bis spätestens zum 31. Dezember 2020 durchgeführt werden.
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