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Erfahrung schafft Vertrauen

Umsatzbesteuerung der Werkstätten für behinderte Menschen

In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen die Finanzverwaltung - insbesondere in Niedersachsen - im Rahmen von Betriebsprüfungen von WfbM für umsatzsteuer-pflichtige Nichtproduktionsleistungen (Dienstleistungen, Handel) die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG verwehrt.

Ihr Ansprechpartner

Dipl.-Betriebswirt (FH) Matthias Kock
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Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
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m.kock@bpg-muenster.de

In der Praxis häufen sich die Fälle, in denen die Finanzverwaltung - insbesondere in Niedersachsen - im Rahmen von Betriebsprüfungen von WfbM für umsatzsteuer­pflichtige Nichtproduktionsleistungen (Dienstleistungen, Handel) die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG verwehrt.

Dies führt zum einen für die betroffenen WfbM im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung zu langwierigen Unsicherheiten. Es drohen gegebenenfalls er­hebliche Nachzahlungen an Umsatzsteuer für vergangene Kalenderjahre. Zum anderen verteuert es in Zukunft die betroffenen Leistungen gegenüber Kunden (insbesondere Privathaushalte), die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und gefährdet so die Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung. Diese Entwicklung stellt letztlich ein wirtschaftliches Risiko für alle WfbM dar.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen in Nieder­sachsen (LAG WfbM) hat mit Datum vom 10. April 2015 ein Schreiben an alle Landtagsabgeordnete in Niedersachsen sowie den niedersächsischen Minister­präsidenten und den Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr geschickt, um über die Thematik zu informieren und Unterstützung zu erbitten.

In dem Schreiben stellt die LAG WfbM dar, dass der Regelung in Abschnitt 12.9 Abs. 12 UStAE, wonach der Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei WfbM im Wesentlichen auf den Verkauf von selbsthergestellten Gegenständen und auf Werkleistungen beschränkt ist, nach ihrer Auffassung ein mittlerweile überholtes Bild einer WfbM zugrunde liegt, weil WfbM heute neben den hergebrachten Arbeitsbe­reichen auch über Bereiche verfügen, in denen Dienstleistungen erbracht werden und Handelsgeschäfte betrieben werden.

Die Staatskanzlei und das Wirtschaftsministerium haben das Schreiben aufgrund der fachlichen Zuständigkeit an das Niedersächsische Finanzministerium weitergeleitet, das mit Schreiben vom 23. Juni 2015 geantwortet hat.

Darin teilt das Niedersächsische Finanzministerium mit, dass die Finanzverwaltung in Niedersachsen aufgrund der Auftragsverwaltung der Umsatzsteuer für den Bund  an den eindeutigen Wortlaut des Abschnitt 12.9 Abs. 12 UStAE gebunden ist und in den Betriebsprüfungen davon nicht abweichen könne.

Gleichwohl hat das niedersächsische Finanzministerium die Frage einer eventuellen Anpassung des Abschnitt 12.9 Abs. 12 UStAE an die Umsatzsteuerfachbereiche des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) und die obersten Finanzbehörden der übrigen Länder weitergeleitet und darin die von der LAG WfbM aufgeworfene Kritik dargelegt.

Die Rückmeldung der obersten Finanzbehörden der anderen Länder hat nun ergeben, dass auch dort der Abschnitt 12.9 Abs. 12 UStAE dahingehend ausgelegt wird, dass sich die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf den Verkauf selbst hergestellter Ware und auf Werksleistungen beschränkt.

Darüber hinaus hat der Bundesfinanzminister mitgeteilt, dass der Fachbereich des BMF die Wettbewerbsklausel des § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a S. 3 UStG insgesamt evaluieren soll und in diesem Rahmen der niedersächsische Vorschlag einer Anpassung des Abschnitt 12.9 Abs. 12 UStAE erörtert werden wird.

Es ist davon auszugehend, dass die Finanzverwaltung in Niedersachsen bis zu einer Klärung der vorgelegten Rechtsfrage durch das BMF in Betriebsprüfungen auch weiter­hin Nichtproduktionsleistungen (Dienstleistungen, Handel) dem allgemeinen Umsatz­steuersatz von 19% unterwerfen wird. Da diese Rechtsauffassung nunmehr auch den obersten Finanzbehörden der anderen Ländern bekannt ist, muss auch dort zukünftig mit einer restriktiven Auslegung der Finanzverwaltung in Betriebsprüfungen gerechnet werden.

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