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Welche Folgen hat die BAG Entscheidung vom 21. Februar 2017 (Az.: 1 ABR 62/12) auf den Einsatz der DRK-Schwestern sowie der Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen?

Das BAG hat mit seiner jahrzentelangen Rechtsprechung gebrochen und am 21. Februar 2017 entschieden, dass DRK-Schwestern Leiharbeitnehmer sind. Inwieweit das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz auf ihre Gestellung Anwendung finden wird, steht jedoch noch nicht endgültig fest.

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Rechtsanwältin Agnes Lisowski
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Leiharbeitnehmer sind Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber zur Erbringung von Arbeitsleistung an einen Dritten (Entleiher) verliehen werden und dabei in den Betrieb des Entleihers integriert werden. Wer Arbeitnehmer ist, bestimmt sich nach dem nationalen Recht. Die deutschen Gerichte haben in ihrer jahrzehntelangen Rechtsprechung folgende Leitsätze zur Arbeitnehmereigenschaft entwickelt:

  • Der Arbeitnehmer ist aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages tätig.
  • Der Arbeitnehmer ist von seinem Arbeitgeber abhängig.
  • Der Arbeitnehmer ist in den Betrieb seines Arbeitgeber eingegliedert,
  • er muss die Anweisungen seines Arbeitgebers befolgen und
  • trägt kein unternehmerisches Risiko.

Diese Leitsätze finden ab dem 1. April 2017 im Rahmen der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (im Folgenden: AÜG) Eingang in das Gesetz. Der neue § 611a BGB legt unter wörtlicher Wiedergabe der Leitsätze fest, wer Arbeitnehmer ist.

Um folglich beurteilen zu können, ob die DRK-Schwestern sowie die Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen Leih-„Arbeitnehmer“ sind, muss das Wesen ihres Arbeitsverhältnisses auf das Zutreffen der Leitsätze hin überprüft werden.

Bislang ging die deutsche Rechtsprechung davon aus, dass die DRK-Schwestern sowie die Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen keine Arbeitnehmer und somit auch keine Leiharbeitnehmer sind, da es bei ihnen an einem privatrechtlichen Arbeitsvertrag fehlt. Die DRK-Schwestern erbringen ihre Arbeitsleistung aufgrund ihrer vereinsrechtlichen Mitgliedschaft bei der DRK-Schwesternschaft. Die Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen erbringen ihre Arbeitsleistung hingegen aufgrund ihres Gelübdes und ihrer mitgliedschaftlichen Beziehung zur geistlichen Schwesternschaft bzw. Bruderschaft.

Das BAG hat nunmehr nach einer vorherigen Vorlage zur Vorentscheidung beim EuGH (EuGH Urteil vom 17.11.2016 Az.: C-216/15) in seinem Beschluss vom 21. Februar 2017, Az.: 1 ABR 62/12 entschieden, dass die Gestellung von Mitgliedern der DRK-Schwesternschaft als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren ist. Bei seiner Begründung beruft sich das BAG auf den EuGH, der folgendes festgestellt hat:

„Art. 1 Abs. 1 und 2 der Leiharbeitsrichtlinie vom 19. November 2008 ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.“

Die Folge dieses Beschlusses ist, dass die Gestellung der DRK-Schwestern aufgrund der ab dem 1. April 2017 im AÜG normierten Überlassungshöchstdauer nicht mehr zeitlich unbegrenzt möglich sein wird. Auf den künftigen Einsatz von DRK-Schwestern sollte jedoch nicht allzu schnell verzichtet werden. In Erwartung der BAG Entscheidung fand bereits am 17. Februar 2017 ein Gespräch zwischen der Bundesarbeitsministerin, Andrea Nahles, und dem DRK-Präsidenten, Dr. Rudolf Seiters, statt. Die beiden sollen sich darüber geeinigt haben, dass das AÜG auf die Gestellung von DRK-Schwestern mit der Maßgabe, dass die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten nicht gilt, Anwendung findet. Über die konkrete Ausgestaltung der Ausnahmeregelung ist bisher jedoch nichts bekannt.

Die Entscheidung des BAG vom 21. Februar 2017, Az.: 1 ABR 62/12 bezieht sich lediglich auf die Gestellung von DRK-Schwestern. Die Literatur ist der Auffassung, dass diese Entscheidung nicht auf die Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen übertragbar ist, weil die der Gestellung der DRK-Schwestern bzw. der Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen zugrunde liegenden Beschäftigungsformen gravierend voneinander abweichen. Die DRK-Schwesternschaft ist eine weltliche Vereinigung. Die Ordensangehörigen, Diakonieschwestern und Diakonissen sind jedoch Mitglieder kirchlicher Glaubensgemeinschaften. Ihre unterschiedliche Behandlung ist nicht willkürlich, weil sie der auch europarechtlich geschützten Autonomie der Kirchen geschuldet ist.

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