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Gewinnstreben und Wohlfahrtspflege im Sinne von § 66 AO

Die Finanzverwaltung hat mit Wirkung zum 1. Januar 2016 den AEAC dahingehend geändert, dass das Gewinnstreben von Einrichtungen der Wohlfahrtspflege die Steuerbegünstigung gefährden kann.

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Dipl.-Betriebswirt (FH) Matthias Kock
Dipl.-Betriebswirt (FH) Matthias Kock
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
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Jedes Jahr ändert die Finanzverwaltung den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (nachfolgend: AEAO), um damit die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (nachfolgend: BFH) zu berücksichtigen.

Die Finanzverwaltung hat in dem geänderten AEAO die Auffassung zum "Gewinnstreben" einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege im Sinne von § 66 AO mit Wirkung zum 1. Januar 2016 deutlich verschärft.

Ausgangspunkt dieser Verschärfung ist dabei § 66 Abs. 2 Satz 1 AO mit der Definition der Wohlfahrtspflege, nämlich die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen sowie das Urteil des BFH vom 27. November 2013, I R 17/12. 

In der Urteilsbegründung konkretisierte der BFH die gesetzliche Formulierung "nicht des Erwerbs wegen" dahingehend, dass ein Zweckbetrieb nach § 66 AO nur vorliegen kann, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft aus dem entsprechenden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb keine Gewinne anstrebt, die den hierfür erforderlichen konkreten Finanzierungsbedarf übersteigen.

Mit der Aufnahme des BFH-Urteils in den geänderten AEAO hat sich die Finanzverwaltung der Auffassung des obersten deutschen Finanzgerichtes angeschlossen, dass ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb Wohlfahrtspflege im Sinne von § 66 AO nicht mehr vorliegt, wenn die Tätigkeit in erster Linie auf der Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist.

Ab dem 1. Januar 2016 ist damit die Erzielung von Gewinnen für die steuerbegünstigte Körperschaft im Bereich der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) nur noch unschädlich möglich, wenn diese in gewissem Umfang - z.B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen - geboten sind.

Unschädlich ist laut dem geänderten AEAO auch die Mitfinanzierung anderer Zweckbetriebe im Sinne des § 66 AO (z.B. ambulanter Pflegedienst, Kleiderkammer, Beratungsstellen, Essen auf Rädern), nicht jedoch die Finanzierung anderer Zweckbetriebe nach § 65 AO, § 67 AO (Krankenhaus), 67a AO und § 68 AO (Altenheim) durch entsprechende Gewinne, da damit ein Handeln "des Erwerbs wegen" vorliegt.

Aufgrund der geänderten Verwaltungsauffassung bezüglich des Verbots eines "Gewinnstrebens" sollten steuerbegünstigte Körperschaften, die Träger eines Zweckbetriebes "Wohlfahrtspflege" (§ 66 AO) sind, die einzelnen Aktivitäten der Wohlfahrtspflege aufzählen und über eine innerbetriebliche Dokumentation (z.B. Kostenstellenrechnung) mögliche Gewinnpotentiale erkennen.

In einem zweiten Schritt ist dann für die einzelne Tätigkeit der unschädliche Gewinnbedarf für einen Inflationsausgleich sowie ein etwaiger betrieblicher Erhaltungs- und Modernisierungsbedarf zu ermitteln und ein möglicher Gewinnausgleich zwischen den Tätigkeiten zu prüfen.

Wie die Finanzverwaltung mit dieser verschärften Auffassung umgeht, können wir noch nicht erkennen. Vielleicht gewährt die Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen eine Übergangsregelung, da das Verbot eines "Gewinnstrebens" im Zweckbetrieb Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) für alle Beteiligten überraschend in dem zum 1. Januar 2016 geänderten AEAO übernommen wurde. Sollte dies der Fall sein, werden wir Sie zeitnah informieren.

Gleichwohl sollten betroffene steuerbegünstigte Körperschaften die aufgezeigten Maßnahmen intern diskutieren und entsprechende Umsetzungsmöglichkeiten anstoßen, um bei Bedarf zeitnah reagieren zu können.

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