Gewinnerzielungsverbot bei Zweckbetrieben nach § 66 AO?
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Rechtsanwältin Simone Scheffer
Steuerberaterin
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In unserem letzten Newsletter (Ausgabe 4/2014, Seite 13, „Rechtsprechungsänderung bezüglich der Gemeinnützigkeit kommunaler Eigenbetriebe und der Voraussetzungen für einen Betrieb der Wohlfahrtspflege“) haben wir das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. November 2013 (I R 17/12) zum kommunalen Rettungsdienst in der Rechtsform einer GmbH vorgestellt. Der BFH erkannte erstmalig kommunale Eigengesellschaften, die hoheitliche Pflichtaufgaben ihres Alleingesellschafters erfüllen, als steuerbegünstigt an. In Abweichung seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BFH weiterhin, dass die Zweckbetriebseigenschaft einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege § 66 AO nicht davon abhängt, wer zivilrechtlich Vertragspartner und Leistungsempfänger ist, sondern allein davon, wem die Leistung faktisch zukommt.
Der BFH hat in dieser Entscheidung weiterhin ausgeführt, dass das Entgelt, das eine gemeinnützige GmbH von ihrem Gesellschafter für ihre Leistungen erhält, so bemessen sein muss, dass es nicht nur die Kosten deckt, sondern auch einen marktüblichen Gewinnaufschlag enthalten muss. Bislang ging die Praxis davon aus, dass bei Leistungsbeziehungen zwischen gemeinnützigen Körperschaften wegen § 58 Nr. 2 AO auf einen solchen Gewinnaufschlag verzichtet werden kann. Bei Betriebsprüfungen von verbundenen Unternehmen prüft die Finanzverwaltung verstärkt die Vereinbarung eines marktüblichen Preises für Leistungen innerhalb des Konzerns. Es wird festgestellt, ob Verrechnungspreise den allgemeinen anerkannten Marktbedingungen entsprechen (vgl. dazu unseren Artikel im Newsletter Ausgabe 4/2014, Seite 9, „Verdeckte Gewinnausschüttung – Leistungsbeziehungen unter Beteiligung steuerbegünstigter Körperschaften rücken in das Blickfeld der Betriebsprüfung“). Lediglich kostendeckende Entgelte sollen eine schädliche Mittelverwendung begründen.
Darüber hinaus birgt dieses Urteil weiteren „Sprengstoff“. Der BFH hat in der Entscheidung ausgeführt, dass eine gemeinnützige Körperschaft im Rahmen des Zweckbetriebes nach § 66 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege) einen Gewinn nur in der Höhe anstreben darf wie er zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung betrieblicher Modernisierungsmaßnahmen geboten ist. Schädlich soll ein Gewinn sein, der über den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes hinausgeht. Dies ergebe sich daraus, dass § 66 AO verlangt, dass die Sorge für notleidende oder gefährdete Menschen „zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen“ erfolgt.
Eine den Zweckbetrieb nach § 66 AO ausschließende Erwerbsorientierung sei gegeben, wenn Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen (!) wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes übersteigen.
Diese Ausführungen bieten neue Angriffsmöglichkeiten für Betriebsprüfer. Sie machen eine exakte Eingrenzung der einzelnen Zweckbetriebe erforderlich. Es stellt sich auch die Frage, ob Überschüsse zur Refinanzierung anderer, defizitär ausgeführter gemeinnütziger Tätigkeiten verwendet werden dürfen oder ob dies der Zweckbetriebseigenschaft nach § 66 AO entgegen seht. Zu diesen Fragen soll ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums ergehen.
Widerspruch
Nach Auffassung des BFH muss eine gemeinnützige Körperschaft zwar einerseits unter Marktpreisbedingungen abrechnen, darf aber andererseits keinen marktüblichen Gewinn aus der Zweckbetriebstätigkeit anstreben. Dieses Verbot der Gewinnerzielung im Rahmen des Zweckbetriebes steht offensichtlich im Widerspruch zum Erfordernis der Selbstlosigkeit nach den vom BFH aufgestellten Kriterien. Unseres Erachtens sind die Ausführungen des BFH so auszulegen, dass eine schädliche Gewinnerzielung im Sinne des § 66 AO erst bei Überschreitung einer dem Fremdvergleich standhaltenden Vergütung anzunehmen ist. Ob die Ausführungen des BFH so auszulegen sind, werden erst weitere Entscheidungen des BFH zeigen.
Praxistipp
Bei anerkannten Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sollte überprüft werden, ob diese Zweckbetriebe das Erfordernis der Gewinnlosigkeit erfüllen. Die Entgeltkalkulation derartiger Zweckbetriebe sollte regelmäßig überprüft werden und die weitere Rechtsprechung des BFH aufmerksam verfolgt werden.
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