FG Münster v. 25.01.2022 - Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen im betreuten Wohnen
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Mit Urteil vom 25. Januar 2022 (15 K 3554/18 U) hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden, dass Betreuungsleistungen im Rahmen des betreuten Wohnens als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Umsätze nach § 4 Nr. 16 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.
Streitfall
Eine GmbH betrieb eine Seniorenresidenz, die neben einem Altenpflegeheim auch einige Wohnungen des betreuten Wohnens beinhaltete. Neben einem Mietvertrag schloss die GmbH mit den Bewohnern des betreuten Wohnens einen Betreuungsvertrag ab, der diverse Leistungen einer Grundversorgung, einer erweiterten Grundversorgung sowie Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfasste. Diese Leistungen wurden durch das Pflegepersonal erbracht, welches im Altenpflegeheim eingesetzt war.
Gerichtsentscheidung
Das FG Münster hat nun entschieden, dass diese Betreuungsleistungen im Rahmen des betreuten Wohnens nach § 4 Nr. 16 UStG umsatzsteuerfrei zu behandeln sind. Nach Ansicht des FG Münster zählen Bewohner eines betreuten Wohnens auch dann zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen nach § 4 Nr. 16 UStG, wenn sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen leiden. So bestünden bei den Bewohnern beispielsweise teils erhebliche Einschränkungen des Bewegungsapparates, die auch die Benutzung eines Rollators oder Rollstuhls erforderlich machten. Der Nachweis eines festgestellten Pflegegrades sei insoweit nicht erforderlich.
Die im Rahmen der Betreuungsverträge erbrachten Leistungen seien nach Ansicht des FG eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. So biete die GmbH mit den Leistungen der Grundversorgung und erweiterten Grundversorgung sowie der Wahlleistungen ein breites Angebot an Leistungen der ambulanten Pflege an, welches zu der Altenhilfe i. S. d. § 71 SGB XII zähle. Neben typischen Pflege- und Betreuungsleistungen umfasse das Leistungsspektrum der GmbH die Bereitstellung eines Notrufdienstes, die bedarfsweise kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung sowie das Waschen der Kleidung. Da diese Leistungen durch das im Pflegheim eingesetzte und dafür geschulte Personal erbracht würden, seien sie auch dann eng mit der Betreuung und Pflege der Bewohner verbunden und spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, wenn sie der Befriedigung eines Grundbedürfnisses dienen.
Weiterhin stellte das FG klar, dass die GmbH aufgrund der erbrachten Leistungen im Rahmen des betreuten Wohnens als Einrichtung i. S. d. § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG (im Streitfall: Buchst. k bzw. l, jetzt: Buchst. m) anzuerkennen sei, obwohl die 25%-Grenze hinsichtlich der Vergütung durch Sozialleistungsträger (vgl. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. m UStG) nicht überschritten wurde. Ausschlaggebend sei, dass aufgrund der Zuerkennung von Pflegegraden bei einer ausreichenden Anzahl der Bewohner die Möglichkeit der Kostenübernahme durch die Pflegekassen unterstellt werden könne.
Fazit
Sofern sich Träger und Einrichtungen des betreuten Wohnens von Seiten der Finanzverwaltung mit Umsatzsteuerfestsetzungen konfrontiert sehen, welche der zuvor beschriebenen Entscheidung des FG entgegenstehen, sollte der jeweilige Einzelfall genauestens geprüft und ggf. Rechtsbehelfe eingelegt werden. Die Entscheidung ist rechtskräftig, so dass keine Revision beim Bundesfinanzhof dazu anhängig ist. Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf die Verpflegungsleistungen im betreuten Wohnen haben, die nach der Änderung des § 4 Nr. 18 UStG seit dem Jahr 2020 steuerpflichtig sind. Eventuell könnten diese Leistungen nun nach § 4 Nr. 16 UStG steuerbefreit sein.
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Matthias Wenzel
Bachelor of Science
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