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Ersatzbemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer durch Jahressteuergesetz 2015 neu geregelt

Wie wir mit unserem Beitrag vom 23. Oktober 2015 berichtet haben, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2015 ( 1 BvL 13/11 und 1 BvL 14/11) entschieden, dass die Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (nachfolgend: GrEStG), die auf § 138 Bewertungsgesetz (nachfolgend: BewG) verweist, verfassungswidrig ist.

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Ausgangslage

Wie wir mit unserem Beitrag vom 23. Oktober 2015 berichtet haben, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2015 ( 1 BvL 13/11 und 1 BvL 14/11) entschieden, dass die Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (nachfolgend: GrEStG), die auf § 138 Bewertungsgesetz (nachfolgend: BewG) verweist, verfassungswidrig ist. Es hat den Gesetzgeber in dem Beschluss aufgefordert, bis spätestens 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen, die rückwirkend ab 1. Januar 2009 gelten soll. Eine solche rückwirkende Gesetzesänderung bedeutet eine Rechtsunsicherheit für seit dem 1. Januar 2009 durchgeführte Übertragungen, bei denen die Grunderwerbsteuer auf Grundlage der Ersatzbemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG bemessen wurde.

Die Ersatzbemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer betrifft insbesondere grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge im Rahmen von Umstrukturierungen nach dem Umwandlungsgesetz und die Übertragung oder Vereinigung von Anteilen an grundbesitzhaltenden Gesellschaften.

Neuregelung durch das Steueränderungsgesetz 2015

Der Gesetzgeber hat auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts reagiert und mit dem am 2. November 2015 im Bundesgesetzblatt 2015 Teil I, Seite 1834 veröffentlichten Steueränderungsgesetz 2015 die Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 Satz 1 GrEStG dahingehend geändert, dass dieser nun auf die Grundbesitzwerte im Sinne des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 157 Abs. 1 bis 3 BewG verweist.

Die nach § 157 Abs. 1 bis 3 GrEStG ermittelten Grundbesitzwerte kommen den Verkehrswerten der Grundstücke deutlich näher, als dies nach der alten Rechtslage der Fall war. Die hierdurch bedingte höhere Belastung mit Grunderwerbsteuer ist bei der Planung von betroffenen Umstrukturierungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Anwendbarkeit der Neuregelung für Besteuerungszeiträume ab 1. Januar 2009

Die Neuregelung in § 8 Abs. 2 GrEStG ist gemäß § 23 Abs. 14 GrEStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 anwendbar auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 31. Dezember 2008 verwirklicht werden. Für Grunderwerbsteuerbescheide hinsichtlich Erwerbsvorgängen, die nach dem 31. Dezember 2008 verwirklicht wurden, bedeutet dies:

Bescheid vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Bestandskräftige Grunderwerbsteuerbescheide sind von der Neuregelung nicht betroffen.

Grunderwerbsteuerbescheide, die vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vorläufig nach § 165 Abgabenordnung (nachfolgend: AO) ergangen sind, sind ebenfalls von der Neuregelung nicht betroffen. Der Steuerpflichtige genießt in diesen Fällen Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO, wonach zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt werden darf, dass das Bundesverfassungsgericht die Nichtigkeit eines Gesetzes feststellt, auf dem die bisherige Steuerfestsetzung beruht.

Hat der Steuerpflichtige gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid, der vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ergangen ist, Einspruch eingelegt, und ist das Rechtsbehelfsverfahren noch nicht abgeschlossen, ist der Bescheid durch die Finanzverwaltung änderbar. Vertrauensschutz gemäß § 176 AO besteht in diesen Fällen nicht. Die Änderung kann auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen erfolgen. Die Finanzverwaltung hat den Steuerpflichtigen jedoch vor der Änderung des Steuerbescheides hierauf hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO). Der Steuerpflichtige hat dann die Möglichkeit seinen Rechtsbehelf zurücknehmen. Hierdurch wird der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid in seiner ursprünglichen Form rechtskräftig. Eine verbösernde Änderung des Steuerbescheides kann so verhindert werden.

Bescheid nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Sofern Grunderwerbsteuerbescheide nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, aber vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung am 6. November 2015 ergangen sind, sind diese wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vorläufig ergangen. In diesem Fall kann die Finanzverwaltung die Bescheide ändern. Vertrauensschutz gemäß § 176 AO besteht zugunsten der Steuerpflichtigen nicht, da der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Zeitpunkt des Erlasses des Grunderwerbsteuerbescheides bereits bestand.

Ab Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes 2015 am 6. November 2015 hat die Finanzverwaltung beim Erlass der Grunderwerbsteuerbescheide das neue Recht anzuwenden. Vertrauensschutz genießen die Steuerpflichtigen nicht.

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