Erfahrungen nach rund zwei Jahren § 57 Abs. 3 und 4 AO
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Rechtsanwalt Karsten Schulte
Fachanwalt für Steuerrecht / Steuerberater
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Vor rund zwei Jahren, am 29. Dezember 2020, traten mit dem Jahressteuergesetz 2020 die Neuregelungen des § 57 Abs. 3 und Abs. 4 Abgabenordnung (AO) in Kraft. § 57 Abs. 3 AO eröffnet die Möglichkeit steuerbegünstigte Zwecke zu fördern, indem man mit anderen steuerbegünstigten. Körperschaften kooperiert. Gemäß § 57 Abs. 4 AO kann eine steuerbegünstigte Körperschaft ihre steuerbegünstigten Satzungszwecke auch durch Halten von Beteiligungen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften fördern. Wie jedoch in der Praxis mit den neuen Regelungen umzugehen ist, ist auch heute noch nicht abschließend geklärt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 6. August 2021 und 12. Januar 2022 den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) unter anderem um Hinweise zu § 57 Abs. 3 und 4 AO ergänzt.
§ 57 Abs. 3 AO
Die Neuregelung des § 57 Abs. 3 AO zielt darauf ab, die typische Servicegesellschaft, die Reinigungs-, Wäscherei- und ähnliche Serviceleistungen an steuerbegünstigte Körperschaften erbringt, als steuerbegünstigt anerkennen zu können. Er erlaubt es aber auch steuerbegünstigten Körperschaften, Tätigkeiten, die bislang der Sphäre der Vermögensverwaltung oder dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen waren, dem Zweckbetrieb zuzuordnen.
Seitens der Finanzverwaltung wird die Neuregelung sehr restriktiv ausgelegt. Das Gesetz sieht als Voraussetzung für die unmittelbare Förderung steuerbegünstigter Zwecke durch Kooperationen, dass die Körperschaft satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht. Die Finanzverwaltung fordert im AEAO zu § 57 Abs. 3 AO Nr. 8 diesbezüglich, dass die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation in den Satzungen sämtlicher Beteiligten bezeichnet werden. Dies führt dazu, dass die Steuerbegünstigung der Servicegesellschaft vom Inhalt der Satzung der Gesellschaft, mit der sie kooperiert, abhängig sein soll. Dies ist nur schwer nachzuvollziehen. Der Gesetzeswortlaut gibt dies nicht her.
Die Finanzverwaltung in NRW geht über die restriktive Auslegung des BMF noch hinaus und stellt sehr hohe Anforderungen an die Formulierung der Kooperationsleistungen.
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass es bei Satzungsänderungen im Zusammenhang mit § 57 Abs. 3 AO immens wichtig ist, den Satzungsentwurf im Vorfeld mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen. Hierbei hat sich gezeigt, dass wegen der bestehenden Unsicherheiten immer wieder Formulierungen gefordert werden. Im Ergebnis gelingt es im Rahmen der Abstimmung mit dem Finanzamt jedoch, eine Formulierung zu finden, die für beide Seiten tragbar ist.
§ 57 Abs. 4 AO
Da die meisten Holdinggesellschaften bislang selbst einen steuerbegünstigten Zweck fördern und somit keine „reinen“ Holdinggesellschaften sind, ist die Bedeutung des § 57 Abs. 4 AO in der Praxis noch nicht so groß wie die des Absatzes 3.
Doch auch hier gibt es eine Unsicherheit: Nach dem Gesetzt fördert eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. Dies bedeutet, dass die Anteile in diesem Fall dem Zweckbetrieb der Holding zuzuordnen sind. In der Literatur wurden bereits Stimmen laut, die daraus folgern, dass diese Geschäftsanteile in diesem Fall nicht dem Unternehmen der Holding zuzuordnen seien. Dies ist jedoch eine Voraussetzung für das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Sollte dies von der Finanzverwaltung ebenso gesehen werden, könnten die Holdinggesellschaften nicht mehr Organträger einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein. Insoweit bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.
Für Fragen zu den Möglichkeiten, die die Neuregelungen des § 57 Abs. 3 und 4 AO bieten, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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