Entwicklung der Krankenhäuser anhand aktueller Vergleichszahlen aus dem BPG-Krankenhausbetriebsvergleich 2016
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
0251 - 48204-25
j.groteschulte@bpg-muenster.de
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Deutschland hat sich im Jahr 2016 weiter zugespitzt. Umsätze und Jahresergebnisse der Krankenhäuser sind im Jahresvergleich zwar gestiegen, dennoch bleibt die wirtschaftliche Lage für viele Krankenhäuser angespannt. Die wesentlichen Ursachen hierfür sind die aufgrund der verschiedenen Gesundheitsreformen der letzten Jahre zunehmend knapper gewordenen finanziellen Ressourcen, die demographische Entwicklung mit einer wachsenden Zahl an älteren Menschen und Langzeitkranken, die kostenbedingte und politisch bestimmte Verschiebung von stationärer zu ambulanter Behandlung sowie der unverändert zunehmende Fachkräftemangel. Weitere Herausforderungen stellen ein hoher Kosten- und Effizienzdruck, eine zunehmende Digitalisierung der Krankenversorgung sowie eine zunehmende Qualitäts-orientierung im Wettbewerb da. Die angespannte finanzielle Situation vieler Krankenhäuser hat zur Folge, dass notwendige Investitionen in den genannten Bereichen oft nicht in ausreichendem Maße erfolgen können.
Für die strategische Ausrichtung der Krankenhäuser ist es daher wichtig, die eigene Marktposition im Wettbewerb möglichst genau zu kennen. Mit dem sog. Benchmark wird die eigene aktuelle Situation objektiv und zuverlässig anhand von Leistungs- und Kostenentwicklungen mit den Zahlen der Wettbewerber verglichen. Seit Jahren erstellen wir hierzu einen Krankenhausbetriebsvergleich. Die Datenbasis bilden dabei die durch uns geprüften Jahresabschlüsse von rd. 60 Krankenhäusern. Es handelt sich um Krankenhäuser aus insgesamt sieben Bundesländern, wobei nordrhein-westfälische und niedersächsische Häuser den Schwerpunkt bilden.
Die nunmehr vorliegenden Zahlen bestätigen die ersten Einschätzungen der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser aus den durchgeführten Prüfungen und Aufsichtsratssitzungen. Viele Krankenhäuser befinden sich unverändert in einer wirtschaftlich schwierigen Situation.
Die im Betriebsvergleich einbezogenen Krankhäuser haben zwischen 12 und 1.268 Planbetten. Ein Teil der Krankenhäuser verfügt darüber hinaus über psychiatrische Abteilungen bzw. sind reine Psychiatrien, sodass wir auch aus diesem Bereich einige ausgesuchte Kennzahlen darstellen werden.
Als statistisches Maß wird der Median verwendet. Der Median (bzw. Zentralwert) halbiert in der Statistik eine Verteilung, d. h. 50 % der Werte der Verteilung sind größer bzw. kleiner als der Median. Er ist gegenüber Ausreißern (extrem abweichenden Werten) deutlich robuster und daher aussagekräftiger als das arithmetische Mittel.
Die so ermittelten Werte werden in Schlussbesprechungen bzw. Jahresabschlusspräsentationen verwendet, um vergleichszahlenbasierte Aussagen zur Entwicklung des jeweiligen Krankenhauses tätigen zu können. Trendaussagen zur Entwicklung aller Einrichtungen im Jahr 2016 leiten wir aus dem Vergleich der Kennzahlen mit den Vorjahreswerten ab.
Der BPG-Krankenhausbetriebsvergleich 2016 umfasst u.a. die Leistungsdaten und Kennzahlen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Krankenhäuser sowie diverse Auswertungen zum Personalaufwand. Anhand des Betriebsvergleichs lassen sich Trendanalysen und langjährige Entwicklungen aufzeigen, die wir Ihnen anhand einiger ausgesuchter Kennzahlen darstellen wollen.
Leistungsstruktur und -entwicklung
Der Case-Mix-Index (CMI) beschreibt die durchschnittliche Schwere der stationären Fälle gemessen an einer Skala, die dem Gesamt-Ressourcenaufwand entspricht. Der Median unserer Vergleichshäuser liegt im Jahr 2016 mit 0,934 leicht über dem Vorjahreswert.
Die Verweildauer liegt mit 6,32 Tagen unter den Werten der Vergleichsjahre.
Die Auslastung veränderte sich, wie in den vergangenen fünf Jahren, gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig. Mit 78,2 % ist sie gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die beschriebenen Kennzahlen:
Immer mehr Krankheiten, die früher einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten, können und sollen heute ambulant behandelt werden. Auch in den von uns geprüften Krankenhäusern gewinnt der ambulante Bereich immer stärker an Bedeutung. Setzt man die ambulanten Erlöse in Relation zu den gesamten Erlösen aus Krankenhausleistungen ergibt sich für das Jahr 2016 ein Anteil von 5.7 %; für das Jahr 2015 betrug der Wert 5,2 %.
Personalkennzahlen
Der Personalaufwand stellt im Krankenhaus mit rund 63 % naturgemäß den größten Anteil an den Gesamtkosten dar.
Seit Einführung des DRG-Systems können die Vollkräftezahlen für die verschiedenen Dienstarten in einer aussagekräftigen Relation zur Leistung, d.h. zu den Case-Mix-Punkten dargestellt werden.
Die Entwicklung der letzten fünf Jahre für die wichtigsten Dienstarten sowie für eine einzelne Vollkraft insgesamt, wird anhand folgender Tabelle deutlich:
Für den ärztlichen Dienst ergab sich in den letzten fünf Jahren ein Rückgang der CM-Punkte je Vollkraft von insgesamt 3,7 %. Nach den Eckdaten der Krankenhausstatistik der Deutschen Krankenhausgesellschaft wurde das ärztliche Personal in den deutschen Krankenhäusern im Jahresvergleich 2015 – 2016 um 2,3 % aufgestockt; die Anzahl der Case-Mix-Punkte je Vollkraft im ärztlichen Dienst nahm in unseren Krankenhäusern von 2015 nach 2016 im Gegensatz zur Entwicklung von 2012 bis 2014 wieder leicht zu (+ 1,1 %).
Beim Pflegedienst lag die Kennzahl mit 72,2 CM-Punkten je Vollkraft nahezu auf dem Niveau des Vorjahres. Ein signifikanter Anstieg, d.h. eine weitere Effizienzsteigerung ist seit einigen Jahren nicht mehr erkennbar.
Insgesamt ergibt sich je Vollkraft für das Jahr 2016 mit 27,5 Case-Mix-Punkten ebenfalls ein Wert auf dem Niveau der letzten vier Jahre.
Der Aufwand je Vollkraft hat sich im selben Zeitraum wie folgt entwickelt:
Über alle Dienstarten hinweg nahm der Aufwand je Vollkraft von 2012 bis 2016 stetig zu. Insgesamt ergab sich hier eine Steigerung über den Vergleichszeitraum um 14,0 %. Für eine ärztliche Vollkraft lag der Anstieg der Aufwendungen im selben Zeitraum bei 13,1 %, eine Pflegekraft verdiente 9,8 % mehr. Die Kennzahl für Mehrarbeit (Urlaubs- und Überstundenrückstellungen) ist im Vorjahresvergleich geringfügig um 1,1 % gesunken und liegt bei 1.840 EUR je Vollkraft.
Die Personalaufwendungen werden durch die Tarifabschlüsse auch im Jahr 2017 weiter steigen. Diese Mehraufwendungen können nur zum Teil über den höheren Landesbasisfallwert 2017 und der im Krankenhausstrukturgesetz – KHSG vorgesehenen Tarifausgleichsrate refinanziert werden.
Erfolgskennzahlen
Eine aussagekräftige Kennzahl für die Ertrags- und Selbstfinanzierungskraft eines Krankenhauses ist der Brutto-Cashflow in Relation zum Umsatz. Ausgangspunkt für den Brutto-Cashflow ist das Jahresergebnis, das im Wesentlichen um die nicht zahlungswirksamen eigenfinanzierten Abschreibungen sowie Veränderungen im Bereich der langfristigen Rückstellungen bereinigt wird. Dabei haben wir für einen sinnvollen Vergleich im Jahr 2016 zusätzlich die einmalige Rückerstattung des KZVK-Sanierungsgeldes incl. Verzinsung aus dem Jahresergebnis herausgerechnet. Durch diese Besonderheit wurden die Jahresergebnisse eines großteils der einbezogenen Krankenhäuser positiv beeinflusst.
Die Übersicht zeigt, dass die Krankenhäuser aus unserem Betriebsvergleich in den vergangenen fünf Jahren einen positiven Brutto-Cashflow erwirtschaften konnten, d.h. von 100 EUR Umsatz standen nach Abzug der laufenden Aufwendungen (im Wesentlichen Personal- und Sachaufwendungen) zwischen 1,30 EUR und 3,90 EUR für eigenfinanzierte Investition oder Darlehenstilgungen zur Verfügung. Somit ist auch im Jahr 2016 kein Geld aus der laufenden Geschäftstätigkeit abgeflossen.
Die oben aufgeführten Kennzahlen zeigen einen vergleichsweise hohen Anstieg der Ergebnisbelastung durch eigenfinanzierte Abschreibungen sowie einen Rückgang der Ergebnisbelastung durch Zinsen. Im Durchschnitt müssen 1,63 % vom Umsatz für eigenfinanzierte Abschreibungen und 0,35 % für eigenfinanzierte Zinsaufwendungen aufgewendet werden – Umsatz, der im dualen Finanzierungssystem grundsätzlich zur Finanzierung von Betriebskosten, d.h. von Personal- und Sachaufwendungen zur Verfügung stehen sollte.
Studien zufolge ist ein Hauptgrund für die wirtschaftliche Schieflage und die damit zusammenhängende schwache Investitionsfähigkeit vieler Krankenhäuser die unzureichende Investitionsförderung durch die Bundesländer. So belasten zum einen eigenfinanzierten Investitionen das Betriebsergebnis, zum anderen können zum Teil dringend notwendige Investitionen nicht durchgeführt werden.
Psychiatrische Kennzahlen
Die durchschnittliche Verweildauer in den von uns geprüften psychiatrischen Kliniken lag im Jahr 2016, in nahezu unveränderter Höhe gegenüber dem Vorjahr, bei 23,3 Tagen. Dabei muss erwähnt werden, dass die Verweildauer in den einzelnen Häusern eine deutliche Differenzierung aufweist. So lagen die Verweildauern zwischen 18 und 35 Tagen. Diese erhebliche Bandbreite ist auch bei den Erträgen je Fall mit im Minimum 3.643 EUR und im Maximum 9.131 EUR festzustellen. Diese Bandbreiten resultieren im Wesentlichen aus sich stark unterscheidenden Krankheitsbildern und Behandlungsmethoden.
Kennzahlen zur Vermögens- und Finanzlage
Aus dem Bereich der Vermögens- und Finanzlage möchten wir Ihnen folgende ausgewählte Kennzahlen darstellen:
Die Eigenkapitalquoten der Krankenhäuser liegen im Jahr 2016 mit 71,1 % auf dem höchsten Niveau der vergangenen fünf Jahre.
Nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2012 stieg der Deckungszeitraum der Liquiditätsreserve in den Folgejahren stetig an und erreicht in 2016 ebenfalls den höchsten Wert der vergangenen fünf Jahre.
Die Debitorenreichweite stieg in 2016 im Vergleich zum Vorjahr leicht an; insgesamt sind im Fünf-Jahres-Vergleich nur geringe Veränderungen festzustellen.
Zusammenfassung
Trotz der Verbesserung einiger Kennzahlen des Krankenhausbetriebsvergleichs bleibt die wirtschaftliche Lage viele Krankenhäuser angespannt, sodass viele Krankenhäuser im abgelaufenen Geschäftsjahr keinen Jahresüberschuss erwirtschaften konnten. Aufgrund der unzureichenden Investitionsförderung durch die Bundesländer müssen die Krankenhäuser jedoch Überschüsse erzielen, um so erforderliche Investitionen finanzieren zu können.
So müssen Krankenhäuser weiterhin versuchen, die stationären und ambulanten Erlöse zu steigern, die Ausgaben für den medizinischen Sachbedarf zu optimieren und eine Reduktion der Personalkosten zu erreichen. Auch die strategische Ausrichtung, z.B. die Ausrichtung des Medizinportfolios, sollte hinsichtlich ihres Optimierungspotentials untersucht werden. Viele Krankenhäuser sehen insbesondere in der Ambulantisierung eine Chance und erweitern ihr eigenes ambulantes Leistungsprofil durch MVZs.
Anstehende Veränderungen lassen sich im Spannungsfeld steigender Erwartungen an eine qualitative Leistungserbringung und eine durch Einsparungen geprägte Aufgabenerfüllung nur mit ganzheitlichen Ansätzen bewältigen. Eine Organisationsentwicklung muss daher sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation sowie die qualitative und quantitative personelle Besetzungen berücksichtigen.
Mit Unterstützung der BPG Unternehmensberatung, die über vielseitige Kompetenzfelder im Bereich des Personalmanagements verfügt, können in vielen Krankenhäusern durch verbesserte Prozessabläufe effektivere und effizientere Personalstrukturen geschaffen werden.
Ihr Ansprechpartner
Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
0251 - 48204-25
j.groteschulte@bpg-muenster.de