Die Zusammenlegung von Kirchengemeinden kann Grunderwerbsteuer auslösen
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(FG Münster, Urteil vom 7. Juni 2017 – 8 K 3992/14 GrE –, juris)
Der Fall
Das Finanzgericht Münster (FG) hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Zusammenlegung von Kirchengemeinden zu einer neuen Kirchengemeinde zu einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) führt, wenn betroffene Kirchengemeinden über Geschäftsanteile an grundbesitzhaltenden Gesellschaften halten.
Die Klägerin ist eine Kirchengemeinde und hat den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wurde durch die Zusammenlegung mehrerer Pfarreien und Kirchengemeinden neu errichtet. Das gesamte Kirchenvermögen einschließlich aller Forderungen, Verbindlichkeiten und Immobilien, die Kirchenbücher und die Akten der aufgehobenen Pfarreien und Kirchengemeinden wurden der neu errichteten Klägerin zugeführt. Zwei der von der Vereinigung betroffenen Kirchengemeinden waren Gesellschafter der L GmbH, die Grundbesitz hatte. Zudem war die L GmbH Alleingesellschafterin der ebenfalls über Grundbesitz verfügenden L Krankenhaus GmbH.
Das Finanzamt ist der Auffassung, dass durch den Übergang des Kirchenvermögens auf die Klägerin die Anteile an der L GmbH zu 100 % in der Hand der Klägerin vereinigt worden seien. Hierdurch sei ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG verwirklicht worden. Betroffen seien sowohl die Grundstücke, die sich im Eigentum der L GmbH befänden, als auch diejenigen, deren Eigentümerin die L Krankenhaus GmbH sei.
Mit Urteil vom 7. Juni 2017 (Az 8 K 3992/14 GrE) hat das FG entschieden, dass die Zusammenlegung der Kirchengemeinden einen Fall des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG darstellt. Ein Befreiungstatbestand greift nicht ein.
Das FG führt in seiner Entscheidung aus, dass sich durch die mit der Vereinigung der aufgehobenen Kirchengemeinden verbundene Neuerrichtung der Klägerin und dem Übergang des Vermögens dieser Kirchengemeinden auf die Klägerin, alle Anteile an der L GmbH und damit mittelbar auch alle Anteile an der L Krankenhaus GmbH bei der Klägerin vereinigt haben. Eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung der Regelung des § 1 Abs. 3 GrEStG dahin, dass der Übergang von Gesellschaftsanteilen zwischen Kirchengemeinden aus kircheninternen Gründen auf Grund einer kirchlichen Organisationsmaßnahme den Tatbestand nicht erfülle, sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Eine Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auf Fälle wie den vorliegenden beeinträchtige das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nicht.
Auch sei der Erwerbsvorgang nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG oder § 4 Nr. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Gegen die Entscheidung ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az. des BFH: II R 35/17).
Fazit
Bei der Zusammenlegung mehrerer Kirchengemeinden zu einer großen Kirchengemeinde ist aus Gründen der Grunderwerbsteuer nicht nur darauf zu achten, ob die einzelnen Kirchengemeinden Grundvermögen halten. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob durch die Zusammenlegung mindestens 95% der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft in einer Hand vereinigt werden.
Es bleibt abzuwarten, wie der BFH über die Revision entscheidet.
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