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Bundessozialgericht versagt die Berücksichtigung eines pauschalen Gewinnzuschlags in Höhe von 4 %

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 26. September 2019 entschieden, dass die Pflegesätze nicht unter Berücksichtigung eines pauschalen Gewinnzuschlags von 4 % festgesetzt werden dürfen.

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Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 26. September 2019 entschieden, dass die von den Kostenträgern beklagte Schiedsstelle für die Soziale Pflegeversicherung im Land Nordrhein-Westfalen die Pflegesätze nicht unter Berücksichtigung eines pauschalen Gewinnzuschlags in Höhe von 4 % des Gesamtumsatzes der jeweiligen Einrichtung als angemessene Vergütung ihres unternehmerischen Risikos festsetzen durften.

Die Schiedsstelle hatte sich bei der Ermittlung einer Vergütung des unternehmerischen Risikos im Rahmen von Schiedsverfahren an den Verzugszinsen für Sozialleistungsberechtigte nach § 44 Abs. 1 SGB I (4 %) orientiert und in der Pflegevergütung und dem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung ein Risikozuschlag in Höhe von pauschal 4 % festgesetzt.

Die klagenden Kostenträger vertraten die Auffassung, dass die Orientierung des Gewinnzuschlags an den Verzugszinsen nach § 44 Abs. 1 SGB I sachwidrig sei und den Beurteilungsspielraum einer Schiedsstelle überschreite. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte mit Urteil vom 6. April 2017 die Auffassung der Kostenträger und hob die beklagten Schiedssprüche in allen Verfahren auf.

Das Bundessozialgericht bestätigte im Revisionsverfahren am 26. September 2019 grundsätzlich die Urteile des vorinstanzlichen Landessozialgerichts NRW. Aus Sicht des BSG hat die Schiedsstelle in mehrfacher Hinsicht gegen zwingende gesetzliche Vorgaben verstoßen. Zusammengefasst rügt das BSG dabei insbesondere (Quelle: Terminbericht 45/19, www.bundessozialgericht.de):

  1. Die Schiedsstelle hätte prüfen müssen, ob eine nach § 85 Abs. 3 S. 2 SGB XI erforderliche schriftliche Stellungnahme der Interessenvertretung der Heimbewohner vorliegt. Die Schiedsstelle war davon ausgegangen, dass die Beteiligung der Einrichtungsbewohner für das Verfahren nicht relevant sei. Die Schiedssprüche sind allein aus diesem Grund rechtswidrig.
  2. Die Festsetzung einer Gewinnmarge losgelöst von den kalkulierenden Gestehungskosten bzw. ohne externem Vergleich ist mit dem Gesetz unvereinbar. Es wäre in einer ersten Stufe eine Schlüssigkeits- und Plausibilitätskontrolle der wesentlichen Eckpunkte der Kostenstruktur und in einem zweiten Prüfungsschritt ein externer Vergleich der Pflegesätze vorzunehmen gewesen.
  3. Eine Orientierung an Verzugszinsen für Sozialleistungsberechtigte in Höhe von 4 % (§ 44 SGB I) ist durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigt und rechtswidrig.
  4. Bei Bemessung angemessener Entgelte für Unterkunft und Verpflegung nach § 87 SGB XI steht nicht die Erzielung von Marktpreisen und Gewinnmöglichkeiten im Vordergrund, sondern in erster Linie die Refinanzierung prognostischer Gestehungskosten. Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XI gelten nicht dieselben Kriterien wie für die Pflegevergütung. Dies ergibt sich aus der Wortwahl "leistungsgerechte… Pflegevergütung" aber "angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung".

Entgegen der Auffassung der Landessozialgerichte entschied das BSG jedoch, dass die Schiedsstelle nicht regelmäßig ein Sachverständigengutachten zwecks Ermittlung des Risikozuschlags einholen muss. Es seien durch die Schiedsstelle vielmehr die dargelegten Gestehungskosten in eigener Verantwortung auf Plausibilität und Schlüssigkeit zu prüfen. Sachverständigengutachten stellen jedoch weiterhin eine Option im Ermessen der Schiedsstelle dar.

Die von Pflegeeinrichtung nach § 7 PBV vorzuhaltende Kostenrechnung bekommt dadurch eine höhere Bedeutung. Sofern das unternehmerische Risiko in den Pflegesätzen eine angemessene Berücksichtigung finden soll, muss die Kostenstruktur der Einrichtung im Pflegebereich nachvollziehbar dargelegt werden. Hierzu empfiehlt es sich, die ohnehin vorzuhaltende Kostenrechnung zu verwenden.

Sofern wir Sie im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Datenmaterials zur Pflegesatzverhandlung/zum Schiedsverfahren oder durch Erstellung eines Sachverständigengutachtens unterstützen können, sprechen Sie uns gerne an.

 

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