Arbeitsentgelte der Werkstattbeschäftigten steigen durch die geplante Erhöhung des Ausbildungsgeldes
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Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
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Neben dem Grundbetrag zahlen die Werkstätten ihren Beschäftigten einen Steigerungsbetrag, der sich nach der individuellen Arbeitsleistung der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte, bemisst. Das bedeutet, die Werkstätten verteilen den Teil des Arbeitsergebnisses, der nach Zahlung des Grundbetrags noch verfügbar ist, auf die Beschäftigten, wobei deren Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird. Die genauen Leistungs- und Verteilungskriterien regeln die Werkstätten in Entgeltordnungen. Es ist zu erwarten, dass sich das Arbeitsergebnis über am Markt erwirtschaftete Umsatze der Werkstätten nicht beliebig steigern lässt, so dass die Erhöhung des Grundbetrags zwangsläufig zu einer Reduzierung des Steigerungsbetrags führen wird.
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes (Berufsausbildungsbeihilfe- und Ausbildungsgeld-Anpassungsgesetz – BABAb-gAnpG) plant der Gesetzgeber die Erhöhung des Ausbildungsgeldes zum 1. August 2019 auf monatlich 117,00 Euro. Das Ausbildungsgeld wird gemäß § 125 SGB III im Eingangsverfahren und Berufsausbildungsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gezahlt. Mit Übergang in den Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen erhalten die Werkstattbeschäftigten ein Arbeitsentgelt (§ 221 SGB IX), das sich aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag zusammensetzt.
Anders als das Ausbildungsgeld, das nach § 122 SGB III von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird, ist das Arbeitsentgelt für die Werkstattbeschäftigten, die in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur WfbM stehen, aus dem sogenannten Arbeitsergebnis zu finanzieren. Das Arbeitsergebnis ist die Differenz aus den Erträgen und den notwendigen Kosten des laufenden Betriebs im Arbeitsbereich der Werkstatt (§ 12 Abs. 4 WVO).
Arbeitsergebnisse unterliegen gemäß § 12 Abs. 5 WVO einer Zweckbindung. Sie dürfen nur für die Zahlung von Arbeitsentgelten, für die Bildung einer Rücklage zum Ausgleich von Ertragsschwankungen und für Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen in der Werkstatt verwendet werden.
Kopplung des Grundbetrags an das Ausbildungsgeld gemäß § 221 Abs. 2 SGB IX
§ 221 Abs. 2 SGB IX bestimmt, dass die Werkstätten ihren Beschäftigten einen Grundbetrag als fixen Bestandteil des Arbeitsentgelts, also unabhängig von ihrer individuellen Leistungsfähigkeit, in Höhe des Ausbildungsgeldes zahlen müssen. Somit führt die geplante Erhöhung des Ausbildungsgeldes automatisch zu einem deutlichen Anstieg des Grundbetrags von derzeit 80,00 Euro auf dann 117,00 Euro, mithin rd. 46 %. Grundsätzlich gilt aber, dass das Arbeitsentgelt, wie bereits dargestellt, ausschließlich aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt zu finanzieren ist, also durch entsprechende Umsätze am Markt erwirtschaftet werden muss.
Ein höherer Grundbetrag wird zu einer Reduzierung des Steigerungsbetrags führen
Neben dem Grundbetrag zahlen die Werkstätten ihren Beschäftigten einen Steigerungsbetrag, der sich nach der individuellen Arbeitsleistung der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte, bemisst. Das bedeutet, die Werkstätten verteilen den Teil des Arbeitsergebnisses, der nach Zahlung des Grundbetrags noch verfügbar ist, auf die Beschäftigten, wobei deren Leistungsfähigkeit berücksichtigt wird. Die genauen Leistungs- und Verteilungskriterien regeln die Werkstätten in Entgeltordnungen.
Es ist zu erwarten, dass sich das Arbeitsergebnis über am Markt erwirtschaftete Umsätze der Werkstätten nicht beliebig steigern lässt, so dass die Erhöhung des Grundbetrags zwangsläufig zu einer Reduzierung des Steigerungsbetrags führen wird.
Insbesondere Werkstätten mit einem vergleichsweise größeren Anteil von Beschäftigten mit einem hohen Unterstützungsbedarf im Arbeitsbereich, wie etwa in Nordrhein-Westfalen, aber auch in anderen Regionen in Deutschland, werden nicht in der Lage sein, die entsprechenden Arbeitsergebnisse zu erwirtschaften, so dass leistungsstärkere Beschäftigte noch mehr als derzeit zur Erwirtschaftung der Grundbeträge aller Beschäftigten beitragen müssen.
Aktuelle Kennzahlen aus unserem Betriebsvergleich für Werkstätten für behinderte Menschen machen deutlich, dass rd. 25 % der Werkstätten nicht in der Lage wären, den höheren Grundbetrag von dann monatlich 117,00 Euro aus dem Arbeitsergebnis zu erwirtschaften.
Die Finanzierung insgesamt höherer Arbeitsentgelte aus der Ertragsschwankungsrücklage, sofern in den einzelnen Werkstätten ausreichend dotiert, kann nur kurzfristig eine Lösung darstellen. Die Ertragsschwankungsrücklage ist nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift (§ 12 Abs. 5 WVO) zum Ausgleich schwankender Erträge, also für Umsatzrückgänge, vorgesehenen und zu verwenden.
Der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (BAG WfbM) fordert in diesem Zusammenhang zunächst die Steigerung des Grundbetrages auszusetzen, um im Interesse der rd. 310.000 Menschen mit Behinderung mit allen Beteiligten ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Entgeltsystem zu entwickeln und somit eine Verbesserung der Einkommenssituation aller Werkstattbeschäftigten zu erreichen.
Gelingt dies nicht, werden viele Werkstätten ihre Entgeltordnung mit der Berechnung des Steigerungsbetrags zur Reduzierung der Arbeitsentgelte insgesamt überarbeiten und anpassen müssen.
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