Aktuelle Herausforderungen in der Altenhilfe und Kennzahlen aus unserem Betriebsvergleich für niedersächsische Altenhilfeeinrichtungen
Ihre Ansprechpartner
Dipl.-Kfm. Jürgen Groteschulte
Wirtschaftsprüfer / Steuerberater
0251 - 48204-25
j.groteschulte@bpg-muenster.de
B.A. Julian Börger
Prüfungsleiter
0251 - 48204-0
j.boerger@bpg-muenster.de
Mit der spezifischen Fach- und Branchenkenntnis im Hintergrund betreut die BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits zahlreiche Mandanten in Niedersachen in Sachen Jahresabschlussprüfung und prüfungsnaher Beratung (darunter bspw. Fusionen, Ausgliederungen, Risikomanagement, Unternehmensbewertung usw.). Die Jahresabschlussprüfungen helfen Ihnen in Zeiten sich stetig weiter verändernden Rahmenbedingungen dabei, verlässliche Zahlen als Grundlage zur Einschätzung der Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung Ihrer Einrichtung zu erhalten.
Ein zunehmend wichtiger Blick gilt hierbei auch dem Vergleich mit dem regionalen Markt bzw. den Wettbewerbern. „Wie liegt meine Einrichtung im Vergleich zum Wettbewerb?“ ist eine Frage, die uns Mandanten häufig stellen. Unser Altenheimbetriebsvergleich erlaubt uns hierauf jeweils eine fundierte und individuelle Antwort, die oftmals die Notwendigkeit zur Handlung unterstreicht. Auf Basis spezifischer Kennzahlen und Vergleichsdaten liefern wir Ihnen eine Diagnose und Einschätzung zur Angemessenheit Ihrer Erlöse, Aufwendungen, Personalausstattung und Investitionen. Im Folgenden werden u. a. ausgewählte Kennzahlen aus dem BPG-Altenheimbetriebsvergleich der von uns geprüften über 60 niedersächsischen Altenhilfeeinrichtungen 2018 vorgestellt.
Novellierung der Altenhilfeangebote als Folge der Pflegestärkungsgesetze
Im Rahmen der Pflegestärkungsgesetze wurde die Altenhilfe in Deutschland neu geordnet und dem ambulanten Sektor ein höherer Stellenwert eingeräumt. Dies führte unter anderem zu einer Verlagerung von stationären zu ambulanten Versorgungssystemen und dazu, dass sich die Träger der stationären Altenhilfe intensiver mit der strategischen Frage auseinandergesetzt haben, ob das vorhandene Leistungsspektrum erweitert werden muss, sodass auch ambulante und teilstationäre Angebote „unter einem Dach“ am Markt platziert werden. Dadurch bieten sich Ihnen u. a. die Chancen, Ihre Kunden frühzeitig an Ihre Organisation zu binden.
Für das Geschäftsjahr 2018 sind zuerst die positiven Faktoren hervorzuheben: Der befürchtete Einbruch der Pflegestruktur im Jahr Eins nach der Überleitung der Bewohner in Pflegegrade ist regelmäßig nicht in dem befürchteten Maße eingetreten. Dies belegen auch die Kennzahlen aus unserem Betriebsvergleich der von uns geprüften niedersächsischen Altenhilfeeinrichtungen: Während der prozentuale Anteil des Pflegegrades 5 von 20,4 % gegenüber dem Vorjahr (22,3 %) nur leicht rückläufig ist, hat sich der prozentuale Anteil der Pflegegrade 4 (32,5 %; Vorjahr 29,7 %) und 3 (30,9 %; Vorjahr 28,6 %) sogar erhöht. Der von einigen Trägern prophezeite "Bumerang-Effekt", dass das zusätzliche Personal, welches im Rahmen der Überleitung eingestellt werden sollte, nach dem Wegfall des Bestandsschutzes nicht mehr benötigt werde, ist zumindest anhand der Zahlen des Jahres 2018 nicht zu beobachten.
Die Einführung des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils, nach dem sich bei einer Höherstufung der zu zahlende Eigenanteil nicht mehr erhöht, da die persönliche Zuzahlung durch ein Umrechnungsverfahren gedeckelt ist, bleibt für die Einrichtungen ein Risiko, weil sie, falls sich die Pflegegrade abweichend zur Vorauskalkulation entwickeln, durch diese Systematik höhere wirtschaftliche Risiken tragen. Das nach wie vor deutlich positive operative Ergebnis/Betriebsergebnis I, welches im Median der von uns geprüften Einrichtungen bei TEUR 91 liegt, zeigt jedoch auch hier, dass das Geschäftsjahr 2018 besser als befürchtet verlaufen ist.
Neben den dadurch gestiegenen Anforderungen im Bereich des Bewohner- und Höherstufungsmanagements rückte im Geschäftsjahr 2018 auch die wirtschaftliche Steuerung der Einrichtungen in den Fokus. Hier sind und waren die vorhandenen Steuerungsinstrumente zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Als Beispiele sind die Aufstellung einer Deckungsbeitragsrechnung je Pflegegrad sowie die Ermittlung von kostendeckenden Stellenschlüsseln zu nennen. Dabei besteht die Herausforderung darin, einen „schlüsselgerechten“ Dienstplan zu erstellen, welcher die wirtschaftlichen Interessen der Einrichtung mit den Erfordernissen des Pflegebetriebs, den Bedürfnissen der Bewohner und den Mitarbeiterinteressen vereint. Fraglich ist in diesem Rahmen allerdings der Zugriff auf die benötigten Fachkräfte, da sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt durch die aktuellen Entwicklungen weiter verschärft hat.
Verschärfung des Fachkräftemangels
Die gestiegene Konkurrenzsituation mit der Eröffnung weiterer ambulanter und teilstationärer Angebote hat den Fachkräftemangel im Bereich der Altenpflege verschärft. Als Konsequenz könnte es zu unbesetzten Stellen und einem Belegungsstopp durch die Heimaufsicht kommen. Im Gespräch ist auch, dass die Gesetzgeber die Fachkraftquote weiter absenken, was zu einer noch größeren Verantwortung für examinierte Pflegekräfte führt.
Diese Entwicklung ist auch und insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung der generalistischen Pflegeausbildung zu Jahresbeginn 2020 mit Sorge zu betrachten. Während die Grundidee, dass die examinierten Fachkräfte mit dem neuen Berufsabschluss "Pflegefachfrau" bzw. "Pflegefachmann" in allen Pflegebereichen arbeiten können, zu befürworten ist, so stellt sich die Frage, ob sich die Nachwuchskräfte mit erfolgreichem Abschluss der Ausbildung dafür entscheiden, im Bereich der Altenhilfe tätig zu werden. Da es in der gesellschaftlichen Wahrnehmung noch immer Unterschiede zwischen der Arbeit im Pflegeheim und der Arbeit im Krankenhaus gibt, darf zumindest bezweifelt werden, dass alle Pflegebereiche von dieser Neuerung profitieren. Befürworter der Reform verweisen auf die sinkenden Verweildauern im Krankenhaus, den damit steigenden Bedarf der Versorgung durch ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote der Altenhilfe, die zukünftige Flexibilität der Fachkräfte nach Abschluss der Ausbildung sowie die Notwendigkeit umfassender fachbereichsübergreifender Kenntnisse, um die Qualität der Pflege zu erhalten.
Spannend sind in diesem Zusammenhang verschiedene Förderprogramme – u. a. von der Bundesagentur für Arbeit – zur Weiterqualifizierung der Pflegehilfskräfte. Im Rahmen dieser Förderprogramme wird die Ausbildung der Hilfskräfte zu examinierten Pflegekräften dergestalt bezuschusst, dass die Fördergeber dem Arbeitgeber das Delta zwischen der niedrigeren Ausbildungsvergütung und der Aushilfsvergütung erstatten und der Mitarbeiter auch während seiner Ausbildung seine bisherige (höhere) Vergütung erhält. Somit profitieren die Pflegekräfte von der Möglichkeit, sich ohne finanzielle Einbußen fortzubilden, und mit der abgeschlossenen Ausbildung von der erworbenen Qualifikation. Die Arbeitgeber werden finanziell entlastet und gewinnen Fachkräfte die bereits mit den Arbeitsabläufen, den Kollegen und den Bewohnern der Einrichtung vertraut sind.
Betriebsaufspaltung – Fortsetzung des Trends zu Investorenmodellen
Bezüglich der Betreiberstruktur hat sich der Trend hin zu Investorenmodellen im Jahr 2018 fortgesetzt: Immer mehr konfessionelle Träger (z. B. Vereine, Stiftungen oder Kirchengemeinden) professionalisieren das operative Geschäft durch die Übertragung des laufenden Betriebs auf eine Kapitalgesellschaft (GmbH) unter der Führung eines fachkundigen Geschäftsführers, der regelmäßig von einem ehrenamtlichen Aufsichtsgremium überwacht und beraten wird. Dieser Schritt hat neben Haftungsbeschränkungen und einer strukturierteren Führungshierarchie auch oftmals den Hintergrund, das wertvolle Eigenkapital des Trägers zu schonen und die Finanzierungsstruktur der Altenhilfeeinrichtung zu optimieren. Der ursprüngliche Einrichtungsträger bleibt bei dieser Konstellation regelmäßig Eigentümer der Grundstücke und Betriebsimmobilien, um diese dann an seine Tochtergesellschaft, der sog. Betriebsgesellschaft, zu verpachten. Im Geschäftsjahr 2018 wurden über 95 Prozent der von uns geprüften niedersächsischen Altenhilfeeinrichtungen im Wege einer sog. Betriebsaufspaltung betrieben.
Die Güte der Pflegeimmobilien wirkt sich im Markt unmittelbar auf den Wettbewerb aus, da sich Verzögerungen bei Umbaumaßnahmen, eine geringe Einzelzimmerquote oder veraltete Sanitäranlagen negativ auf die Belegung und damit auf die Umsatzerlösrealisation auswirken. Zudem steigen stetig die Anforderungen an die Wohnqualität im Pflegebereich. Bei einem Investorenmodell obliegt die Bewirtschaftung der Grundstücke und Immobilien dem Investor. Dies schließt regelmäßig Instandhaltungen an "Dach und Fach" mit ein, während kleinere Instandhaltungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen Aufgaben des Mieters sind.
Eine zentrale Herausforderung dieses Modells ist – neben der Ausgestaltung der Betriebsübertragung auf die Kapitalgesellschaft – einen Pachtvertrag zu schließen, der zu gleichen Teilen die Renditeerwartung des Investors bzw. ursprünglichen Trägers und das Belegungsrisiko der Betriebsgesellschaft berücksichtigt. Der Investor ist darauf angewiesen, dass seine Mieterlöse mindestens die korrespondierenden Aufwendungen – in erster Linie sind hier die Abschreibung, etwaige Kreditzinsen und vom Investor zu tragende Instandhaltungsaufwendungen – sowie ggf. die Tilgung aufgenommener Darlehen decken. Der Betreiber bedarf einer Miete, die sich im Rahmen der Refinanzierung über die gesondert berechenbaren Investitionskosten gegenüber Pflegebedürftigen bewegt und zugleich gewährleistet, dass für weitere vom Mieter zu zahlende investive Aufwendungen wie z. B. kleine Instandhaltungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Der prozentuale Anteil der Miete für die Betriebsgrundstücke und –immobilien an den Erlösen aus der gesonderten Berechnung von Investitionskosten gegenüber Pflegebedürftigen lag im Geschäftsjahr 2018 bei den Einrichtungen unseres Betriebsvergleichs im Median bei 67,9 %. Das investive Ergebnis, in dem den Investitionskostenerlösen im Wesentlichen die Abschreibungen auf Betriebs- und Geschäftsausstattung, die Instandhaltungsaufwendungen sowie die Mietaufwendungen gegenüber stehen, beträgt in unserem Betriebsvergleich im Median TEUR 0 und war somit ausgeglichen.
In der Praxis hat es sich in diesem Zusammenhang als vorteilhaft erwiesen, im Rahmen der Verhandlung über die Festlegung der gesondert berechenbaren Investitionskosten, bei einer sog. Betriebsaufspaltung – einem Investorenmodell ohne Fremdinvestor – gegenüber den Kostenträgern von der sog. Vergleichsberechnung Abstand zu nehmen und den Sozialhilfeträgern die betriebsnotwendigen Grundstücke und Immobilien des Trägers als Einheit offenzulegen und die Investitionskosten im Eigentumsmodell zu ermitteln. Durch diese Systematik steigt die Möglichkeit über die Investitionskosten eine Miete zu refinanzieren, die sowohl den Bedürfnissen des Investors als auch der Betriebsgesellschaft gerecht wird.
Gerne unterstützen wir Sie mit unseren Fachkenntnissen sowohl bei der Gestaltung von Betriebsübertragungs- und Pachtverträgen als auch bei der Investitionskostenverhandlung mit den zuständigen Sozialhilfeträgern.
Ausgewählte Kennzahlen aus unserem Betriebsvergleich für Altenhilfeeinrichtungen
Folgende ausgewählte Kennzahlen aus unserem niedersächsischen Altenheimbetriebsvergleich vermitteln einen vertiefenden Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie weiterer branchenspezifischer Leistungsdaten und bieten Ihnen so die Möglichkeit zum Vergleich mit Ihrer Einrichtung:
Haben wir Ihr Interesse geweckt oder Fragen aufgeworfen? Dann lernen Sie uns in einem gemeinsamen Termin kennen und diskutieren Sie mit uns Ihre spezifischen Herausforderungen und unsere möglichen Unterstützungsleistungen.
Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
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